In der Regel fotografiere ich mit einer Kleinbild-Kamera, doch das Mittelformat ist ebenfalls sehr interessant. Der Grund ist einfach: durch das größere Negativ ergeben sich deutliche Qualitätsvorteile. Daher benutze ich hin und wieder auch Mittelformat-Kameras wie zum Beispiel meine Yashica Mat-124G. Ich mag das sehr, war jedoch noch auf der Suche nach einem möglichst kompakten Modell, das ich zusätzlich zur Kleinbild-Kamera mitnehmen kann. Die Yashica ist da raus, dafür bieten sich eher Klappkameras wie meine Agfa Isolette an. Doch es geht noch kompakter, wenn man auf ein kleineres Format setzt. Eine Kamera mit 4,5×6 cm erschien mir perfekt, zumal so 16 statt nur 12 Bildern auf den 120er Film passen. Und nun ist sie endlich da: die Zeiss Ikon Super Ikonta 531. Ich bin begeistert, denn sie ist tatsächlich sehr kompakt und vor allem wunderschön. Aber mal der Reihe nach.
Ein paar Fakten
Die Ikonta Reihe von Zeiss Ikon in Stuttgart kam 1929 auf den Markt und war qualitativ oberhalb der Nettar-Reihe angesiedelt. Bis Ende der 50er Jahre wurden gut zwei Dutzend Modelle in jeweils unterschiedlichen Ausstattungsvarianten hergestellt. Die Spitzenmodelle wurden als Super Ikonta bezeichnet. Sie unterschieden sich von den normalen Ikontas durch einen gekuppelten Entfernungsmesser, bessere Objektiv-Verschluss-Kombinationen und einen Auslöser auf der Oberseite des Gehäuses. Für mich ist ein Messsucher natürlich großartig, denn ich verschätze mich bei den Entfernungen gerne mal. Das Besondere hier ist die kleine ausklappbare Standarte. In ihr befinden sich zwei schräg angeschliffene Linsen. Beim Einstellen der Entfernung über das große Einstellrad verändern sie ihre Position zueinander und erzeugen so ein passendes Mischbild.
Die Zeiss Ikon Super Ikonta 531 wurde von 1936 bis 1953 produziert, wobei es hier auch abweichende Angaben gibt . Das Baujahr meines Exemplars ist nicht so einfach zu identifizieren. Durch die Seriennummern habe ich für das Objektiv 1942 herausgefunden, das Gehäuse stammt demnach jedoch von 1938. Interessant ist ein kleiner Stern an der Seriennummer. Nach Bernd K. Otto, einem Experten für Carl Zeiss Kameras, wurden so Exemplare gekennzeichnet, die in den ersten Jahren nach Kriegsende aus vorhandenen Teilen montiert wurden. Das Baujahr dürfte also zwischen 1945 und 1949 liegen.
Die Super Ikonta 531 wurde mit unterschiedlichen Ausstattungen ausgeliefert. Als Objektive wurden das Tessar von Carl Zeiss Jena (mit 7,0 und 7,5 cm Brennweite), ein Novar (vor 1945) oder ein Schneider Xenar (ab 1945) montiert. Die Verschlüsse stehen Compur, Compur-Rapid oder Synchro-Compur zur Verfügung. Mein Exemplar hat ein Teaser 1:3,5 / 7,5 cm und den Compur-Rapid Verschluss (1 – 1/500 Sekunden + B).
Der erste Film mit der Super Ikonta 531
Ich habe die Kamera natürlich gleich mit einem leicht abgelaufenen Ilford Delta 100 Professional getestet. Der Test hat eher meine Schwächen gezeigt, denn für diese Kamera muss man sich wirklich Zeit nehmen. Belichtung mit einem separaten Belichtungsmesser ermitteln, Werte übertragen, Film vorspulen, Verschluss spannen, Entfernung messen und dann erst auslösen. Ich habe tatsächlich am Anfang zweimal die Entfernungsmessung vergessen, da der Messsucher einen separaten Sucher hat. Passiert mir hoffentlich nicht nochmal. Etwas gewöhnungsbedürftig ist auch der Auslöser auf der linken Seite. Da die Klappe auch nach links öffnet, ist dort wenig Platz für die Hand. Aber dafür gibt es sicher eine Lösung.
Ein besonderer Pluspunkt ist für mich das Objektiv. Ich bin ohnehin Fan des Tessars und benutze es sehr gerne an meiner Praktica. Zwar gibt es heute für das einst „Adlerauge“ genannte Objektiv Nachfolger mit höherer Schärfe, doch die Ergebnisse sind noch immer erstaunlich gut. Besonders gefällt mir der sehr harmonische Schärfeverlauf, für den zehn abgerundete Lamellen sorgen. Die Lichtstärke ist mit 1:3,5 absolut in Ordnung, zumal man bei dieser Art von Kameras ohne störenden Spiegelschlag auch bei längeren Belichtungszeiten gute Chancen auf scharfe Bilder hat.
Leider reagiert das Objektiv empfindlich auf Gegenlicht, aber das ist bei einem nicht-vergütetem Objektiv normal. Eine Gegenlichtblende werde ich mir auf jeden Fall noch zulegen. Auch einen Gelbfilter habe ich mir bereits bestellt. Ein kleiner Hinweis zu den Filtern: durch das fehlende Gewinde werden Steckfilter benötigt, die in einen recht schmalen Spalt zwischen Objektiv und äußeren Ring passen müssen. Daher passt nach Informationen aus dem Aphog-Forum nicht jeder Steckfilter mit 32mm. Zeiss Ikon A32 Filter sind jedoch mit etwas Glück noch erhältlich. Ansonsten hilft nur eine Bastel-Lösung.
Mein Fazit zur Zeiss Ikon Super Ikonta 531
Ich muss sagen, dass ich von dieser Kamera sehr begeistert bin. Sie ist genau das, was ich gesucht habe: klein,leicht und gut. Mit einem Gewicht von knapp 590 Gramm und den Maßen von ca. 12,5 x 10 x 5 cm (zusammengeklappt) passt sie ganz bequem in die Tasche. Und liefert auch dank des guten Objektives schöne Ergebnisse, die Lust auf mehr machen. Aber daneben hat sie eine sehr hervorstechende Eigenschaft: sie ist wunderschön!
Ich komme im Alltag auch etwas besser mit dem Format 4,5x6cm als mit 6x6cm zurecht. Das habe ich bei Test auch wieder deutlich gemerkt. Ein quadratisches Bild macht in bestimmten Aufnahmesituationen für mich absolut Sinn. Bei Portraits beispielsweise ist es super. Doch im Normalfall nutze ich Hoch- und Querformat sehr gerne. Natürlich kann man quadratische Bilder beschneiden, kann aber auch gleich entsprechend fotografieren.
In jedem Fall ist die Zeiss Ikon Super Ikonta 531 für meine Zwecke wunderbar geeignet. Ich werde garantiert am nächsten Wochenende wieder mit ihr unterwegs sein.
Frank Vogler (Autor)
Vor ein paar Jahren habe ich die analoge Fotografie in Schwarz-Weiß für mich entdeckt und mich dabei neu in Fotografie verliebt. Ich würde mich freuen, andere zu unterstützen und vielleicht auch etwas zu inspirieren. Mehr lesen …