Analoge Fotografie verführt sehr dazu, im Laufe der Zeit eine kleine Kamerasammlung aufzubauen. Es gibt so viele schöne Kameras für schmales Geld. Das ist auch bei der Praktica Super TL 1000 der Fall. Durch Zufall stieß ich auf ein fast unbenutztes Modell mit zwei zusätzlichen Beroflex-Objektiven, einer Bedienungsanleitung, einer originalen Bereitschaftstasche und einer größeren, sehr schönen Tasche aus der Zeit … alles für 10 €. Wie könnte ich da widerstehen? Die Gelegenheit kam mir auch ganz recht. Ich wollte meine alte Pentacon FM durch eine etwas modernere Kamera mit Belichtungsmesser ersetzen, aber weiterhin Festbrennweiten von Carl Zeiss Jena nutzen. Die Super TL 1000 war für diesen Schritt eine sehr gute Wahl.
Ost-West-Verwirrung
Die Super TL 1000 ist mit den unterschiedlichsten Objektiven erhältlich. Am häufigsten habe ich folgende Varianten gesehen:
- 1. Version (genoppte Belederung) mit Domiplan 2.8/50
- 2. Version (glatte Belederung) mit Pentacon auto 1.8/50
- Exportversion mit Tessar 2.8/50
Meine Kamera hat das wunderbare Carl Zeiss Jena Tessar 2.8/50 in der Exportversion. Diese unterscheidet sich allerdings nur in der Beschriftung. Statt „Carl Zeiss Jena“ steht dort nur „aus Jena DDR“ und statt „Tessar“ nur ein „T“. Der Fokusring an meinem Exemplar war etwas schwergängig, allerdings lässt sich das gut reinigen und neu fetten. Statt des verharzten Beroflex-Teleobjektivs kam irgendwann ein Carl Zeiss Jena Sonnar 3.5/135 dazu. Ich benutze schon bei bei meiner Pentacon FM neben dem 50er noch ein 135er Objektiv. Ich könnte mir noch ein Weitwinkel-Objektiv zulegen, aber das benutze ich ohnehin nur sehr selten.
Eigenschaften der Praktica Super TL 1000
Die Kamera wurde ab 1980 bei Pentacon hergestellt. Die Praktica Super TL 1000 ähnelt sehr der MTL 5, die ich früher mal hatte. Sie wurden fast zeitgleich hergestellt, der Super TL 1000 fehlen aber der Selbstauslöser und die Blitzbuchse. Beides vermisse ich aber nicht. Sie besitzt einen Metall-Lamellenverschluß mit Belichtungszeiten zwischen 1/1000 – 8 sek. und „B“. Die Belichtung wird über einen CdS-Belichtungsmesser bei Arbeitsblende gemessen. Über den seitlichen Hebel über dem Auslöser wird die Blende auf den am Objektiv vorgewählten Wert geschlossen und die Belichtungsmessung eingeschaltet. Über eine Nadel im Sucher und entsprechende „+“ und „-“ Markierungen wird dann die richtige Blende oder Belichtungszeit eingestellt. Die Fokussierung erfolgt manuell über Mattscheibe und Mikroprismenring. Mehr gibt es nicht, mehr braucht man aber auch nicht wirklich.
Die passende Batterie
Natürlich benötigt der Belichtungsmesser Strom. Den lieferte eine PX625 Quecksilberoxid-Zelle mit 1,35 Volt, die aber inzwischen nicht mehr erhältlich ist. Ich habe zu Beginn eine WeinCell mit 1,35 Volt, danach einen MR-9 Adapter mit einer SR-43 benutzt. Durch die eingebaute Diode wird die Spannung zuverlässig auf 1,35 Volt reduziert. Beides funktioniert tadellos.
Allerdings geht es auch anders. Die Praktica Super TL 1000 besitzt eine Brückenschaltung und kann daher auch Batterien mit 1,5V vertragen. Passend wäre die V625U. Allerdings hat sie als Alkali-Batterie einen Nachteil: die Spannung nimmt beim Altern kontinuierlich ab. Somit ist sie zwar eine billige, aber nicht wirklich zuverlässige Lösung. Besser sind Silber-Oxid-Batterien, die ihre Spannung länger gleichmäßig halten. Die handelsüblichen Batterien wie die SR-43 oder die SR-44 können mit etwas Bastelei oder einem einfachen Adapter ohne Spannungsanpassung ebenfalls verwendet werden.
Einige technische Daten der Praktica Super TL 1000
Sucher | Dachkant-Prismensucher, Zeiger für Belichtungsmessung |
Objektivanschluss | M42-Gewinde |
Belichtungsmessung | Arbeitsblenden-Messung, TTL |
Belichtungsfunktionen | Manuell |
Mehrfachbelichtungen | Nein |
Autofokus | Nein |
Verschluss | Vertikal ablaufender Metall-Lamellenverschluß |
Verschlusszeiten | 8 bis 1/1000 s, Bulb |
Batterie | 1x WeinCell (1,35 V) oder V625U-Alkali-Batterien (1,5V) oder MR-9 Adapter mit SR43 (1,55V) |
Abmessungen (B x H x T) | 153 x 98 x 50 mm |
Gewicht | 560 Gramm |
Fotografieren mit der Praktica Super TL 1000
Für Super TL 1000 gilt das, was man auch über viele andere Praktica-Kameras sagen kann: sie sind absolut unverwüstlich. Bis auf festsitzende Fokusringe bei Objektiven sind mir noch keine Mängel untergekommen. Sie ist sehr einfach konstruiert, wodurch sie sich sehr gut bedienen lässt. Ich mag den typischen Schrägauslöser der Prakticas sehr. Mechanische Kameras erfordern gefühlt etwas mehr Druck auf den Auslöser als elektronische Kameras. Sitzt der Auslöser auf der Kamera, kann das teilweise zu verwackelten Aufnahmen führen. Durch den schräg geführten Druck wird das etwas gemindert.
Es gibt eigentlich nur zwei Dinge, die ich für nicht optimal halte. Die Prakticas der L-Reihe messen die Belichtung nicht bei offener Blende, sondern bei Arbeitsblende. Das funktioniert insgesamt recht gut. Mir ist jedoch auch schon passiert, dass der Sucher wegen der kleinen Arbeitsblende so dunkel wurde, dass Nadel und Markierungen nicht mehr zu sehen waren. Da hilft nur, die Blende zu öffnen und die Belichtungszeiten zu verlängern, auch wenn das prinzipiell nicht nötig wäre.
Der andere Punkt betrifft ebenfalls die Belichtungsmessung. Wenn man mit dem rechten Zeigefinger die Belichtungsmessung aktiviert, kann man natürlich mit der linken Hand die passende Blende einstellen. Aber was passiert, wenn man lieber die Belichtungszeit ändern möchte? Mit der linken Hand kommt man an das Verstellrad, aber das ist ziemlich fummelig. Beide Punkte sind aber kaum ein Ausschlusskriterium. Das Fotografieren macht mit dieser Kamera sehr viel Spaß!
Bedienungsanleitung für die Praktica Super TL 1000
Eine Bedienungsanleitung ist bei den einschlägigen Plattformen einsehbar, zum Beispiel hier.
Mein Fazit
Insgesamt ist die Praktica Super TL 1000 eine zwar minimalistische, aber sehr zuverlässige und gut zu bedienende Kamera. Die Einstellungen lassen sich sehr schnell vornehmen. Der Sucher könnte heller sein, ist jedoch sehr aufgeräumt. Meiner Meinung nach ist sie gerade für Einsteiger sehr gut geeignet. Die Optionen sind auf das Wesentliche reduziert und durch elektronische Eingriffe merkt man sehr genau, was man da eigentlich tut. Das ist etwas, was ich noch heute an dieser Kamera sehr schätze.
Diese Kamera wurde wie die MTL-Schwestermodelle recht oft hergestellt und ist daher noch gut erhältlich. Ich empfehle jedoch, beim Kauf auf das Objektiv zu achten. Meines Wissens wurden nur die Export-Modelle mit einem Tessar ausgerüstet. Sowohl das Domiplan als auch das Pentacon auto Objektiv erreichen nicht die Qualität des Tessars. Und wie bei jeder alten Kamera hängt das Ergebnis weniger von der Kamera, sondern eher vom Objektiv ab. Zusammen mit einem guten Objektiv erhält ein Besitzer eine kompakte und leichte Kamera, die viel Spaß und sehr gute Ergebnisse erzeugt.
Die Praktica Super TL 1000 hat mich recht lange begleitet und wurde als Favoritin irgendwann von der Canon A-1 abgelöst. Das heißt aber nicht, dass sie heute nur im Schrank herumliegt. Tatsächlich nutze ist sie noch heute hin und wieder. Im Vergleich zu meinen anderen Spiegelreflexkameras ist sie deutlich einfacher aufgebaut und vor allem leichter. Das Tessar von Carl Zeiss Jena ist zwar nach heutigen Maßstäben nicht mehr das schärfste Objektiv am Markt, liefert aber sehr ansprechende Ergebnisse. Auch wenn ich den Komfort anderer Kameras mag, wird die Super TL 1000 ganz sicher eine meiner Lieblingskameras bleiben.
Frank Vogler (Autor)
Vor ein paar Jahren habe ich die analoge Fotografie in Schwarz-Weiß für mich entdeckt und mich dabei neu in Fotografie verliebt. Ich würde mich freuen, andere zu unterstützen und vielleicht auch etwas zu inspirieren. Mehr lesen …