Auf meiner Suche nach einer passenden analogen Kompaktkamera für mich bin ich bei einem recht besonderen Modell angelangt: meiner Minox 35 GT. Sie unterscheidet sich enorm von der bisher getesteten Lomo LC-A, auch wenn sich beide Kameras von der Größe her recht ähnlich sind. Die Minox ist jedoch nicht nur kleiner, sie fühlt sich auch bedeutend hochwertiger an. Sie ist auch kein Vollautomat wie die Lomo, sondern ein Zeitautomat. Die Blende wird vorausgewählt und die Belichtungszeit automatisch bestimmt und im Sucher angezeigt. Das liegt mir viel mehr als eine Vollautomatik, bei der man nie weiß, was man tatsächlich bekommt. Allerdings muss bei der Minox die Entfernungsschätzung etwas genauer sein. Die Lomo bietet mehrere Zonen an, die Minox tut das nicht. Trotzdem … die Minox 35 ist meiner Meinung nach eine unglaubliche Kamera. Aber mal von Anfang an!
Etwas Entstehungsgeschichte
Das Unternehmen Minox ist im Bereich Fotografie hauptsächlich für sehr kompakte Kameras bekannt. Das begann bereits 1936 mit der Ur-Minox, die zur ab 1938 produzierten und sehr erfolgreichen Minox 8×11 führte. Die Produktion startete in Riga, 1945 siedelte das Unternehmen nach Wetzlar um. Als die Verkaufszahlen der stetig weiterentwickelten Minox 8×11 zu schwächeln begannen, stellte das Unternehmen 1974 mit der Minox 35 EL die erste Kleinbildkamera vor. Bis 2001 wurden ca. 20 Modelle produziert, die jedoch nicht immer wirkliche Weiterentwicklungen darstellten. Teilweise handelt es sich nur um Sonder-Editionen wie beispielsweise die Minox 35 GT-Golf mit grünem Gehäuse, die in limitierter Zahl hergestellt wurde. Diese Editionen zeigen den Versuch, den Erfolg dieser Kamerareihe am Leben zu erhalten, indem weitere Zielgruppen wie beispielsweise Sammler angesprochen werden.
Das Unternehmen geriet ab Ende der 80er Jahre in eine ernste wirtschaftliche Schieflage. Zeitweise gehörte das Unternehmen mit zur Leica Camera AG, aber auch das konnte Minox als Kamerahersteller nicht retten. Auch Digitalkameras waren kein Ausweg. Die noch heute auf eBay häufig zu findenden digitalen Nachbauten berühmter Kameras wie der Leica M3 oder der Rolleiflex in verkleinertem Maßstab sind meiner Meinung nach ein nur sehr schwacher Versuch, das Kamerageschäft am Laufen zu halten. Kauft das wirklich jemand? Keine Ahnung!
Heute stellt Minox neben Ferngläsern, Nachtsichtgeräten und Zielfernrohren lediglich Wildkameras her. Rückblickend betrachtet ist Minox in Bezug auf Kameras ein Two-Hit-Wonder. Zwei sehr innovative und erfolgreiche Kamerareihen, deren Entwicklung aber irgendwann stagnierte. Das ist sehr schade, allerdings ist das Erbe des analogen Kamerabaues bei Minox einfach großartig!
Fakten zur Minox 35
Das grundlegende Prinzip der Minox 35 mit dem versenkbaren Objektiv und der Klappe war zur damaligen Zeit nicht wirklich neu. Sowas haben auch einige meiner Mittelformat-Falter wie die Zeiss Ikon Super Ikonta 531 oder die Agfa Isolette III. Die Innovation bestand eher in der Miniaturisierung und Leichtbau. So besteht das Gehäuse aus glasfaserverstärktem Makrolon, einem von Bayer entwickeltem Polycarbonat. Das macht sie sehr leicht, robust und fühlt sich definitiv nicht nach billigem Plastik an.
Die Objektive der Minox 35 Modelle unterscheiden sich nur geringfügig. Es handelt sich immer um einen Vierlinser vom Tessar-Typ mit recht einfach gehaltenem, rautenförmigem Verschluss. Ein Highlight ist das MC-Minoxar der Minox 35 GT-E, das mehrfach beschichtet ist. Dieses Modell wurde zwar häufig hergestellt, ist heute aber noch sehr begehrt. Daher werden auch entsprechende Preise verlangt.
Am Rand des Objektives befinden sich die CdS-Zellen für die Belichtungsmessung. Die Minox 35 hat zwei davon, eine für den Verschluss und eine für die Anzeige im Sucher. Die meisten Minox 35 haben eine Zeitautomatik, jedoch nicht alle. Die Minox 35 PL hat beispielsweise eine Programmautomatik, die Minox 35 ML sowohl Zeit- als auch Programmautomatik. Das macht sie recht flexibel, auch wenn ich persönlich eine Vollautomatik nicht brauche. Daher passt die GT schon ganz gut zu mir.
Von allen Modellen empfehle ich preisbewussten Käufern die Minox 35 GT. Sie ist ausgereifter als ihre Vorgängerinnen, gut verfügbar und daher auch zu einem angemessenen Preis erhältlich. Sie besitzt zwar nicht das besser beschichtete Objektiv der GT-E, auch nicht den überarbeiteten Verschluss und die verbesserte Elektronik, die mit der GT-E eingeführt wurden, ist aber trotzdem durchaus solide mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Natürlich werden mitunter horrende Preis für eine GT aufgerufen. Meine habe ich für schlappe 10,50€ zzgl. Versand bekommen.
Technische Daten der Minox 35 GT
Sucher | Durchsichtsucher mit Bildfeldmarkierungen und Anzeige der Belichtungszeit |
Objektiv | Color Minotar 1:2,8 / 35 |
Belichtungsmessung | 2 CdS-Zellen im äußeren Ring des Objektives |
Belichtungsfunktionen | Zeitautomatik |
Filmempfindlichkeitsbereich | ISO 25 bis 800 |
Autofokus | Nein |
Verschluss | Elektronisch gesteuerter Zentralverschluss |
Verschlusszeiten | 30 bis 1/500 s |
Batterie | 1x PX27 (5,6V) |
Abmessungen (B x H x T) | 100 x 61 x 31 mm (geschlossen) 100 x 61 x 88 mm (geöffnet) |
Gewicht | 190 Gramm |
Batterien für die Minox 35 GT
Die Minox 35 hat wie viele andere Kameras original eine Quecksilber-Batterie verwendet. Die bis zur ML ursprünglich eingesetzte PX27 hatte 5,6 Volt, allerdings kann die Minox auch mit 6 Volt genau messen. Die sicherlich einfachste Lösung ist eine PX27A mit 6 Volt. Die höhere Spannung ist ja kein Problem, doch eine optimale Lösung ist das trotzdem nicht. Die PX27A ist eine Alkali-Batterie und hat ein für diesen Einsatzzweck sehr ungünstiges Entladeverhalten. Es gibt definitiv bessere Lösungen.
Prinzipiell kann man viele unterschiedliche Arten von Batterien verwenden, um auf 6 Volt zu kommen. 4 SR44 Zellen wären zum Beispiel eine Lösung. Allerdings gibt es bei der Minox 35 einen wesentlichen Punkt zu beachten: das Batteriefach ist innen aus Metall. Batterien ohne weitere Isolierung führen unweigerlich zum Kurzschluss. Es gibt eine Reihe von Adaptern, die unterschiedliche Batteriearten verwenden. Alternativ kann man auch einen kleinen Batteriestapel mit Isolierband umwickeln. Doch welche Batterien passen am besten?
Ich verwende Silberoxid-Batterien SR43 in einem gekauften Adapter. Prinzipiell ist das in meinen Augen die beste Alternative zu den alten Quecksilber-Batterien. Zink-Luft-Batterien sind vom Entladeverhalten ebenfalls gut geeignet, allerdings sind sie schneller leer … auch bei Nichtbenutzung. Lithium-Batterien haben zwar eine höhere Kapazität, doch auch da ist das Entladeverhalten eher ungünstig. Alkali-Batterien sind die schlechteste Wahl, auch wen sie natürlich erstmal funktionieren. Die Messgenauigkeit wird eben nur schnell schlechter.
Wie fotografiert es sich mit der Minox 35?
Die Minox 35 fühlt sich für mich in der Hand wirklich gut an, obwohl sie so klein ist.. Das liegt sicher auch an dem verwendeten Kunststoff, der sich wirklich gut anfühlt. Das Einlegen des Filmes finde ich dank abnehmbarer Rückwand toll gelöst. Danach Klappe auf, das Objektiv kommt raus … es kann losgehen. Der Schnellspannhebel an der Minox 35 GT (an Anfang ist da noch ein Rad) muss zweimal(!) betätigt werden. Im Sucher wird die errechnete Belichtungszeit angezeigt, die eingestellte Blende leider nicht. Das Einstellen von Entfernung und Blende ist am Anfang wegen der Klappe etwas fummelig. Mit der Zeit bekomme ich das jedoch mit dem Zeigefinder der linken Hand recht gut. Allerdings habe ich auch nicht so dicke Finger.
Der Auslöser ist sehr leichtgängig, man kann ihn schnell mal aus Versehen drücken. Allerdings macht das bei einer so leichten Kamera auch Sinn. Ein deutlicher Auslösewiderstand könnte viel zu schnell zu verwackelten Bildern führen. Es fehlt einfach das Gewicht, das der Kamera mehr Stabilität verleiht. Mit relativ ruhigen Händen kann man aber auch so bei wenig Licht und längeren Zeiten die Kamera ruhig halten. Beim ersten Testfilm kam mir trotzdem nach jedem Auslösen wieder die Frage: hat sie jetzt ausgelöst oder nicht? Aber nach dem Entwickeln kam die Erleichterung … alles gut! Sie ist einfach sehr leise.
Die Minox 35 GT liefert dank des Tessar Objektives eine recht gute Qualität. Bei Offenblende neigt sie zu Unschärfe an den Rändern und ganz leichter Vignettenbildung, aber alles im grünen Bereich. Spätestens ab Blende 5.6 ist davon nichts mehr zu sehen. Für schwierige Lichtsituationen gibt es einen Gegenlichtschalter, der die Belichtungszeit verdoppelt. Das hilft zwar nicht in allen Situationen, ist aber schon eine ganz gute und praktische Hilfe. Ausführliche Bedienungsanleitungen für mehrere Minox 35 Modelle gibt es auf der Website des Minox-Clubs.
Worauf sollte man beim Kauf achten?
Die früheren Modelle der Minox 35 bis zur GT haben eine größere Schwachstelle: den Verschluss. Die verwendeten Magnete waren etwas schwach ausgelegt und versagen mitunter einfach nur durch Staub, der sich dort ansammelt. Und das geschieht recht einfach, da der Balgen, der aus Aus- und Einfahren des Objektives ermöglicht, wie eine Pumpe wirkt und Staub einsammelt. Dieser Staub kann auch dazu führen, dass der Verschluss klemmt. Also unbedingt testen! Man kann natürlich versuchen, den Trichter innen zu entfernen und mit Druckluft vorsichtig auszublasen. Eine Garantie gibt es jedoch nicht, dass der Verschluss danach wieder reibungslos funktioniert.
Ansonsten ist die Minox 35 trotz ihres eher filigranen Aufbaus relativ robust. Trotzdem sollte man beim Kauf auf einige Dinge achten. Interessant ist definitiv ein Blick auf den Boden, denn die Skala zur Einstellung der Filmempfindlichkeit ist öfter so abgenutzt, dass keine Werte mehr zu erkennen sind.
Mein Fazit
Ich muss sagen, dass mir die Minox 35 GT sehr gut gefällt. Deutlich besser als die Lomo, da sie eine Zeitautomatik bietet. Natürlich hätte ich gerne eine Fokussierhilfe oder ein Zonensystem, da ich sehr schlecht im Schätzen von Entfernungen bin. Durch den weitgehenden Verzicht auf das Fotografieren mit Offenblende auf kurze Entfernungen ist das aber eigentlich verkraftbar. Um meine Schätzungen etwas genauer werden zu lassen, nutze ich inzwischen für die Minox eine Messhilfe zum Ausdrucken. Damit klappt das relativ gut.
Unterm Strich halte ich die Minox 35 für eine sehr solide und hochwertige Kamera, die dank des guten Objektives sehr schöne Ergebnisse liefert. Sie ist sehr leicht und kompakt, daher eignet sich diese Kamera sehr gut als permanente Begleiterin. Im Vergleich zu meinen anderen mehr oder weniger kompakten Kameras ziehe ich sie definitiv der Lomo vor, die für Schnappschüsse etwas besser geeignet ist. Allerdings mache ich sowas sehr selten. Inzwischen habe ich auch schon mit einer etwas größeren, aber dennoch recht kompakten Kamera fotografiert, der Agfa Selectronic S. Sie ist prinzipiell perfekt, aber passt aber eben nicht einfach mal so in die Jackentasche. Daher wird die Minox 35 GT bei mir bleiben und weiterhin genutzt. Und ich kann sie auch definitiv weiterempfehlen.
Frank Vogler (Autor)
Vor ein paar Jahren habe ich die analoge Fotografie in Schwarz-Weiß für mich entdeckt und mich dabei neu in Fotografie verliebt. Ich würde mich freuen, andere zu unterstützen und vielleicht auch etwas zu inspirieren. Mehr lesen …