Zeiss Ikon Contaflex Super

Zeiss Ikon Contaflex Super

Die Contaflex Super von Zeiss Ikon kam erst vor ein paar Wochen zu mir. Dieser Kauf war absolut nicht geplant, sondern eine sehr spontane Reaktion auf eine eBay-Anzeige. Zunächst hat dieses Exemplar ein interessantes Zubehör: ein Wechselmagazin. Man kann also beim Fotografieren einfach zwischen unterschiedlichen Filmen wechseln. Das klingt erstmal großartig! Auf der anderen Seite klagte der Verkäufer über Defekte, die sich mir zum Teil mit mangelnder Kenntnis erklären ließen. Ohne das hätte ich diese Kamera wahrscheinlich nicht gekauft, obwohl sie definitiv sehr interessant ist. Letzten Endes war gar nichts defekt … sie funktioniert einwandfrei. Eine sehr interessante Kamera, die sowohl Vor- als auch Nachteile besitzt.

Rückseite der Contaflex mit Wechselmagazin
Wechselmagazin der Contaflex

Die Geschichte der Contaflex

Die erste Zeiss Ikon Contaflex war eine TLR für Kleinbildfilm mit wechselbaren Objektiven und erschien bereits 1935. Eine meiner Meinung nach wirklich atemberaubende Kamera, die heute noch sehr begehrt ist. Zwar wurde sie bis 1943 produziert, allerdings in insgesamt sehr kleiner Stückzahl. Schätzungen gehen davon aus, dass lediglich 5000-6000 Stück produziert wurden. Daher ist sie sehr selten und auch entsprechend teuer.

Die erste Zeiss Ikon Contaflex
Contaflex
(Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Tillmanns, Urs / Ans_00651 / CC BY-SA 4.0, Link)

Die Bezeichnung „Contaflex“ wurde 1953 mit dem Erscheinen der Zeiss Ikon Contaflex-Reihe wiederbelebt. Bis 1972 wurden zwölf Versionen mit einer Stückzahl von ca. 800.000 hergestellt. Das ist für die damalige Zeit eine beachtliche Stückzahl, doch nur ein Bruchteil dessen, was japanische Konkurrenten nur ein paar Jahre später erreichten. Die Reihe richtete sich an Amateure und war für Zeiss Ikon die wichtigste Produktlinie. Verglichen mit der 1959 eingeführten Contarex als Luxusvariante war die Contaflex das wirtschaftliche Fundament der Kameraproduktion bei Zeiss Ikon.

Zeiss Ikon Contarex
Contarex (Quelle: Mustafa DOGAN – https://www.flickr.com/photos/mdogan/49601035403/, CC BY 2.0, Link(

Die Contaflex wies einige Innovationen wie zum Beispiel die Springblende auf, die für einen sehr hellen Sucher sorgte. Aber sie hatte auch recht eigenwillige Lösungen zu bieten. Der sicherlich wesentlichste Punkt war der Zentralverschluss, der zwar einige Vorteile, aber gerade an einer Spiegelreflexkamera auch enorme Nachteile mit sich bringt. Andere Hersteller wie Pentacon oder auch Canon haben zwar ebenfalls SLR’s mit einer solchen Lösung entwickelt, ließen es jedoch recht schnell wieder sein.

Vergleich Zeiss Ikon Conteflex Super und Pentacon FM
Während Zeiss Ikon in Westdeutschland auf den Zentralverschluss setzte, produzierten die Zeiss Ikon-Nachfolger im Osten Kameras wie die Pentacon FM mit Schlitzverschluss

Verglichen mit der Contaflex waren Kameras vor allem der erstarkenden japanischen Konkurrenten ganz anders ausgelegt. Sie waren wesentlich einfacher und aus weniger Teilen konstruiert. Die Produktion war dadurch wirtschaftlicher und flexibler, wodurch sich eine höhere Entwicklungsgeschwindigkeit umsetzen ließ. Waren japanische Kameras deswegen schlechter? Absolut nicht, sie waren relativ leichte, robuste Kameras mit einem umfangreichen Objektiv-Sortiment und immer auf dem neuesten Stand der Technik. Dagegen waren die Zeiss Ikon Contaflex zwar Meisterwerke der Ingenieurskunst und überraschten mit Details, waren jedoch vergleichsweise schwer, teuer und zunehmend unmodern.

Der Zentralverschluss der Contaflex

Der Zentralverschluss unterscheidet sich im Aufbau wesentlich von einem Schlitzverschluss. Während sich ein Schlitzverschluss direkt vor der Filmebene befindet, ist der Zentralverschluss in der Regel Teil des Objektives. Ob eine Kamera einen Schlitz- oder Zentralverschluss hat, lässt sich recht einfach durch einen Blick ins Innere herausfinden.

Contaflex mit Zentralverschluss
Pentacon FM mit Schlitzverschliss

Ein Zentralverschluss hat definitiv Vorteile. Er ist zum Beispiel leiser, erschütterungsärmer und erlaubt die Blitzsynchronisation bei allen Belichtungszeiten. Die Funktion von Blende und Verschluss kann zudem in einem Bauteil kombiniert werden, was gerade für kleinere Kameras von Vorteil ist. Daher sind kompakte Sucherkameras ohne Wechselobjektive in der Regel mit einem Zentralverschluss ausgestattet. Im Mittelformat gibt es beide Verschlussformen, bei großformatigen Kameras hingegen ist ein Schlitzverschluss baubedingt keine Option.

Der Zentralverschluss besitzt jedoch auch wesentliche Nachteile. Einerseits sind die technisch mit vertretbarem Aufwand realisierbaren Belichtungszeiten länger als bei einem Schlitzverschluss. Andererseits sind Wechselobjektive mit einem Zentralverschluss deutlich aufwendiger, wobei unterschiedliche Lösungen existieren. Die ostdeutsche Werra besitzt einen Zentralverschluss, der direkt hinter dem Wechselobjektiv angeordnet ist. Bei der Hasselblad bringt jedes Objektiv seinen eigenen Verschluss mit, was die hohen Preise der Objektive erklärt. Bei der Contaflex lässt sich nur ein Teil des Objektives tauschen. Während das Tessar normalerweise vier Linsen besitzt, hält man nach dem Abnehmen des sogenannten Satzobjektives nur die vordere Linse in der Hand.

Satzobjektiv an der Zeiss Ikon Contaflex Super
Bei der Contaflex kann nur ein Teil des Objektives ausgetauscht werden

Für diese Komplexität muss letzten Endes der Käufer büßen. Auch wenn die Objektive der Contaflex sehr gute Resultate liefern, besitzen sie konstruktiv bedingte Nachteile. Da Teile des Objektives, nämlich die hinteren drei Linsen, mit allen Satzobjektiven zusammenpassen müssen, sind sie eher eine Kompromisslösung. Deutlich wird das bei der Naheinstellgrenze. Die beträgt beim 50er Objektiv 70 cm, beim 115er sogar 3 m. Nur zum Vergleich … bei meiner Pentacon FM mit Schlitzverschluss aus dem gleichen Zeitraum hat das 50er Tessar eine Naheinstellgrenze von 50 cm und das 135er Sonnar liegt bei 1,2 m. Außerdem sind Objektive anderer Hersteller nicht verfügbar, selbst die unterschiedlichen Zeiss Ikon Reihen mit Zentralverschluss sind untereinander nicht kompatibel. Daher ist der Nutzer in seiner Objektivwahl sehr eingeschränkt. Zudem ziehe ich hinsichtlich der Abbildungsqualität eine klassische Festbrennweite dieser Kombination aus Satzobjektiven und Zentralverschluss vor.

Technische Daten der Zeiss Ikon Contaflex Super

SucherSpiegelreflex-Umkehrprisma
FokussierungManuell mit Schnittbild-Indikator und Mikroprimenring
Standard-ObjektivCarl Zeiss Tessar 1:2,8/50 mm
ObjektivanschlussContaflex-Satzobjektiv-Bajonett (nur das vordere Glied des Objektives wird gewechselt)
Satzobjektive als ZubehörCarl Zeiss Pro-Tessar 1:3,2/35 mm
Carl Zeiss Pro-Tessar 1:3,2/85 mm
Carl Zeiss Pro-Tessar 1:4,0/115 mm
BelichtungsmessungSelenzelle, Anzeige auf der Oberseite und eingespiegelt im Sucher
FilmempfindlichkeitsbereichDIN 10 bis 33 (ASA 8 bis 1600)
VerschlussMechanisch gesteuerter Zentralverschluss
Verschlusszeiten1 bis 1/500 s, B (grüne Belichtungszeiten links vom B geben nur einen Hinweis auf Belichtungszeiten in ganzen Sekunden, das Auslösen erfolgt aber wie im Bulb-Modus)
BlitzStandard-Blitzschuh ohne Mittenkontakt, Umschaltung „X“ und „M“, PC-Buchse
Abmessungen (B x H x T)140 x 90 x 74 mm
Gewicht840 Gramm

Das Contaflex Wechselmagazin

Das Wechselmagazin war ein wesentlicher Grund, mir diese Contaflex Super zu kaufen. Letzten Endes bin ich sehr zwiegespalten, wenn es um den Einsatz dieses Wechselmagazins geht. Prinzipiell funktioniert es, doch es bringt auch einige Herausforderungen mit sich. Zunächst ist das Einfädeln des Filmes etwas fummelig, aber machbar. Ich habe es beim ersten Mal nicht richtig gemacht, prompt ist der Film beim Einsetzen des Schiebers gerissen. Er muss tatsächlich in die kleinen Führungen der Abdruckplatte gefädelt werden. Wird der Schieber eingesetzt, wird die Andruckplatte nach hinten geschwenkt und muss natürlich den Film mitnehmen. So weit, so gut.

Contaflex Wechselmagazin mit eingelegtem Film
Contaflex Wechselmagazin mit eingelegtem Film

Etwas ratlos war ich zunächst, als ich den Film zurück spulen wollte. Die Rückspulkurbel ist einfach zu finden, den übliche Hebel oder Knopf zur Entriegelung des Filmtransports sucht man jedoch vergeblich. Also mal in die Bedienungsanleitung geschaut. Tatsächlich ist an der normalen Rückwand eine der beiden Entriegelungen am Kameraboden mit einem „R“ markiert. Man muss also die Rückwand zur Hälfte lösen, wenn man den Film zurück spulen möchte? Okay … intuitiv ist das nicht wirklich. Aus irgendeinem Grund wurde auf diese Markierung mit einem „R“ beim Wechselmagazin verzichtet. Zeiss Ikon setzte wohl darauf, dass Nutzer des Wechselmagazins vorher Erfahrungen mit der normalen Rückwand der Contaflex gemacht haben.

Unterseite des Contaflex Wechselmagazins
Die auf dem Bild linke Verriegelung des Wechselmagazins muss zum Zurückspulen des Film gelöst werden

Das Entriegeln des Wechselmagazins zum Rückspulen des Films hat jedoch einige Voraussetzungen. Dazu muss zunächst mal der Schieber eingesetzt sein, sonst funktioniert das nicht. Zum Einsetzen des Schiebers muss wiederum der Verschluss gespannt sein. Und genau da liegt das Problem. Normalerweise fotografiert man ja, bis sich der Verschluss irgendwann nicht mehr komplett spannen lässt. Dann geht aber die Schieber nicht mehr rein, der Verschluss der Rückwand lässt sich nicht lösen und der Film nicht zurück spulen. Was tun? Letzten Endes gibt es nur einen Ausweg. Der Schieber hat einen kleinen Stift, mit dem er den im folgenden Bild markierten Stift am Boden des Wechselmagazins drückt. Tut man das selbst mit einem geeigneten Gegenstand, wird der Filmtransport entriegelt, man kann die Kamera komplett spannen und den Schieber einsetzen. Das hätte man bei Zeiss Ikon auch einfacher lösen können.

Stift an der Unterscheite des Contaflex Wechselmagazins
Ist der Verschluss beim Erreichen des Filmendes nicht komplett gespannt, kann durch Drücken dieses Stiftes der Filmtransport entriegelt und die Kamera vollständig gespannt werden

Wie fotografiert es sich mit der Zeiss Ikon Contaflex Super?

Das Fotografieren mit der Contaflex Super ist zu Beginn sehr gewöhnungsbedürftig, was mit dem Gewicht, der geringen Größe und der ungewohnten Art des Einstellens der richtigen Belichtung zu tun hat. Wer es gewohnt ist, eine Kamera mit der rechten Hand zu halten und mit der linken Hand Einstellungen am Objektiv wie zum Beispiel die Entfernung zu ändern, wird schnell merken, dass es so nicht geht. Die Contaflex Super ist viel zu schwer und hat an der Seite zu wenig Platz, um sie sicher mit einer Hand halten zu können. Man muss sie tatsächlich permanent mit beiden Händen halten. Zum Fokussieren nutzt man die Zeigefinger beider Hände. Das klappt mit den kleinen „Griffen“ am Fokusring auch sehr gut … man muss sich nur daran gewöhnen.

Auch das Einstellen der Belichtung sollte nur mit den Zeigefingern erfolgen und ist etwas anders als gewohnt. Die Lichtwählscheibe an der Vorderseite dient zum Einstellen der Filmempfindlichkeit. Danach kann das Einstellrad mit dem Zeigefinger gedreht werden. Dadurch wird der Blendenring am Objektiv verstellt, bis der auf der Oberseite angebrachte und im Sucher eingespiegelte Zeiger des Belichtungsmesser mittig steht. Damit ist schon mal eine richtige Kombination aus Blende und Belichtungszeit eingestellt. Möchte man eine andere Kombination auswählen, muss man die Belichtungszeit am Objektiv ändern. Dabei dreht sich der Blendenring in die entgegengesetzte Richtung, wodurch eine korrekt eingestellte Belichtung erhalten bleibt. Das hört sich kompliziert an, ein ähnliches Prinzip war allerdings auch an der Kodak Retina IIIc zu finden. Es fühlt sich bei der Benutzung nach einer mechanischen Vorstufe einer Halbautomatik an.

Objektiv der Zeiss Ikon Contaflex Super
Erkennbar sind die „Griffe“ für Fokus- und Zeitenring, die Blende kann am Objektiv nicht separat werden

Wer übrigens bei nicht gespannter Kamera in den Sucher schaut, steht erstmal im Dunkeln. Der Spiegel der Contaflex Super klappt nach dem Auslösen nicht selbständig wieder nach unten. Eine solche Funktion … auch Rückschwingspiegel genannt … bekam die Contaflex-Reihe bis zu ihrem Ende nicht spendiert. Das hat seinen Grund. Die Voigtländer Ultramatic, die von 1961 bis 1965 produziert wurde, besaß tatsächlich die Kombination aus Zentralverschluss und Rückschwingspiegel. Bei ihrer Nachfolgerin, der Ultramatic CS, war diese Funktion jedoch wieder verschwunden. Die Mechanik ist sehr aufwendig und fehleranfällig.

Hat man sich mit den Eigenheiten der Contaflex abgefunden, macht das Auslösen selbst sehr viel Spaß. Der Sucher ist einfach wunderbar groß und hell. Durch den Schnittbildindikator ist das Fokussieren eine wahre Freude. Das Auslösen selbst läuft trotz der vielen Schritte wunderbar geschmeidig. Schließlich muss bei der Contaflex zunächst der Verschluss wieder geschlossen werden, Spiegel und Lichtklappe gehen nach oben, dann öffnet der Verschluss mit der eingestellten Blende und schließt wieder nach der eingestellten Belichtungszeit. Das alles passiert nur durch Federkraft mit einem sehr schönen Geräusch. Diesen Teil mag ich an dieser Kamera sehr. Das ist richtig toll!

Eine Bedienungsanleitung zur Zeiss Ikon Contaflex Super gibt es hier.

Was muss man beim Kauf einer Contaflex beachten?

Beim Kauf einer Contaflex sollte man vor allem zwei Dinge beachten. Erstens: nicht zu viel bezahlen. Die Contaflex sind in großen Mengen vorhanden und je nach Modell mitunter ab 10 € erhältlich. Das hält natürlich einige Verkäufer nicht davon ab, total überzogene Preise zu verlangen. Zweitens: Vorsicht bei defekten Kameras. Während die meisten anderen Kameras aus der Zeit wie zum Beispiel die oben genannte Pentax Spotmatic durchaus noch reparierbar sind und in Werkstätten gewartet werden können, fasst kaum noch jemand eine Contaflex an. Auch für Amateurschrauber ist das kein geeignetes Bastelprojekt. Meine Contaflex Super wurde zwar auch als defekt angeboten, aber das sah alles viel zu sehr danach aus, als käme der Verkäufer mit der Bedienung nicht zurecht. Bei dem geringen Preis war das ein vertretbares Risiko.

Wegen der schlechten Reparierbarkeit muss ganz besonders auf die üblichen Schwachstellen geachtet werden:

  • Sind Blendenlamellen sauber und fettfrei?
  • Funktionieren auch die langen Zeiten?
  • Liefert der Belichtungsmesser plausible Ergebnisse?
  • Sind alle Bedienelemente (Spannhebel, Fokusring, Belichtungszeiten, Einstellrad für die Blende) leichtgängig?
  • Sind die Linsen klar und ohne Kratzer?

Erscheint irgendwas davon nicht gegeben, lieber eine andere Contaflex wählen … es gibt genügend davon am Markt. Wer mehr über das Innenleben einer Contaflex wissen möchte oder sich tatsächlich an eine Reparatur der Mechanik machen möchte, bekommt auf der Website von Hubertus Bendi einen kleinen ersten Eindruck.

Das Ende der Contaflex und von Zeiss Ikon

Spätestens Mitte der 60er Jahre hätten den Managern bei Zeiss Ikon eigentlich klar sein müssen, dass es so nicht weitergeht, denn die Verkaufszahlen der Contaflex und damit die wirtschaftliche Basis wurden zunehmend schlechter. 1964 erschien die Pentax Spotmatic, die mit ihrer TTL-Belichtungsmessung der Contaflex weit voraus war. Die Reaktionen bei Zeiss Ikon auf den sich rasant ändernden Markt sind sehr merkwürdig. Statt das Grundprinzip der Contaflex komplett zu überdenken, brachte Zeiss Ikon 1966 eine zusätzliche Produktreihe heraus: die Icarex 35. Prinzipiell ging das schon in die richtige Richtung mit Schlitzverschluss, teilweise sogar mit dem vorher abgelehnten M42-Objektivgewinde. Die Icarex 35 kam jedoch viel zu spät und war den japanischen Kameras deutlich unterlegen. Die Contaflex bliebt wesentlicher Bestandteil des Programms von Zeiss Ikon … an allen Kundenwünschen und Marktentwicklungen vorbei.

Das Ende ist bekannt: 1972 stellte Zeiss Ikon die Kameraproduktion ein. Die ohnehin schon relativ aufwendige Produktion war durch sinkende Verkaufszahlen nicht mehr rentabel. Der wichtigste Grund lag in der sehr merkwürdigen Modellpolitik von Zeiss. Warum produziert man als einziger Konzern … dazu gehören Zeiss Ikon und Voigtländer … insgesamt drei SLR-Reihen mit Zentralverschluss, während andere das Prinzip recht schnell aufgeben? Warum waren diese drei Reihen untereinander nicht kompatibel? Und warum hielt man so sehr an definitiv veralteten und unbeliebten Dingen fest?

Über Gründe dafür wurde viel spekuliert. Schaut man sich die Gesamtstruktur des Zeiss-Konzerns an, wird jedoch einiges klar. Carl Zeiss war tatsächlich an den beiden führenden Herstellern von Zentralverschlüssen beteiligt: Alfred Gauthier in Calmbach und Friedrich Deckel in Calw. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Kameraproduktion von Zeiss Ikon und Voigtländer dazu dienen sollte, das Geschäft mit Zentralverschlüssen am Laufen zu halten. Nur welche Arroganz gehört dazu, das tatsächlich durchzuziehen? Ein Beispiel: der Contaflex wurde bis zum bitteren Ende kein Rückschwingspiegel gegönnt, weil das sehr aufwendig war. Und die Kunden sollten eine so aus der Zeit gefallene Kamera trotzdem kaufen? Nur weil sie von Zeiss Ikon stammt?

Contaflex Super von Zeiss Ikon und Contax RTS von Yashica

Aus meiner Sicht war das Ende der Kameraproduktion bei Zeiss Ikon zwar traurig, aber letzten Endes der einzig richtige Entschluss. Zumal damit ein neues und großartiges Kapitel begann: die Kooperation mit Yashica, die wunderbare Kameras wie die Contax RTS und die Contax 137 MD hervorbrachte. Und was passierte mit Gauthier und Deckel? Natürlich brach das Geschäft mit Zentralverschlüssen ein. 1976 verlegte Zeiss die gesamte restliche Produktion zum Beispiel für Hasselblad zu Alfred Gauthier. Doch Verschlüsse waren nur ein Standbein beider Unternehmen. Sie überlebten das Ende der Kameraproduktion bei Zeiss Ikon, waren danach allerdings wie viele andere Unternehmen auch von Umgruppierungen betroffen.

Mein Fazit zur Zeiss Ikon Contaflex Super

Meine Meinung zur Zeiss Ikon Contaflex Super fällt sehr gemischt aus. Einerseits ist sie eine wirklich großartige mechanische Kamera, die beispielhaft für das große Können der Ingenieure bei Zeiss Ikon ist. Das sehr schöne Tessar lässt sich dank des hellen Suchers wunderbar fokussieren und liefert tolle Ergebnisse. Ich muss an der Stelle jedoch betonen, dass das Objektiv alleine kein Grund für den Kauf einer Contaflex sein sollte. Es gibt viele Kameras, die mit einem Tessar ausgestattet sind. Ein ganz normales Tessar, gerne von Zeiss, ist an einer Kamera mit vollständig wechselbaren Objektiven als Festbrennweite der mit Kompromissen behafteten Konstruktion an der Contaflex definitiv überlegen.

Beispielbild aufgenommen mit der Zeiss Ikon Contaflex Super
Beispielbild aufgenommen mit der Zeiss Ikon Contaflex Super

Andererseits ist die Contaflex eine Kamera, mit der ich eigentlich nicht fotografieren möchte. Einige Details sind so unglaublich umständlich wie das oben beschriebene Zurückspulen des Filmes im Wechselmagazin. Mindestens ebenso schlimm ist die Reinigung der Mattscheibe. Meine Contaflex Super zeigte beim Blick durch den Sucher sehr viel Schmutz auf der Mattscheibe. Man kann aber eben nicht einfach mal das Objektiv abnehmen und alles reinigen. Dafür gibt es eine kleine Öffnung, die durch eine Schraube verschlossen ist. Ich habe keinen Pinsel gefunden, mit dem man wirklich in jede Ecke kommt. Druckluft ist besser, aber auch damit dauert es eine Weile.

Öffnung zum Reinigen der Mattscheibe bei der Contaflex
Spiegel und Mattscheibe können nur durch eine verschraubte Öffnung im Inneren gereinigt werden

Es sind tatsächlich viele Kleinigkeiten, wegen denen ich mich nicht sehr wohl mit dieser Kamera fühle. Hätte ich eine Vitrine, würde sie darin einen schönen Platz bekommen. Aber sowas habe und möchte ich nicht. Daher wird sie mich wieder verlassen müssen. Trotz des Wechselmagazins, das ich prinzipiell mag. Ich kann allerdings absolut verstehen, wenn jemand diese Kamera liebt. Hat man sich an das Prinzip gewöhnt, kann man gut mit dieser Kamera zurechtkommen und schöne Fotos machen. Doch obwohl die Contaflex Super von Zeiss Ikon und ich keine gemeinsame Zukunft haben werden, war es durchaus interessant, sie mal testen zu können. Und einen solchen Test kann ich nur empfehlen. Wer weiß, was sich daraus entwickelt.

Beispielbild aufgenommen mit der Zeiss Ikon Contaflex Super
Beispielbild aufgenommen mit der Zeiss Ikon Contaflex Super
Beispielbild aufgenommen mit der Zeiss Ikon Contaflex Super
Beispielbild aufgenommen mit der Zeiss Ikon Contaflex Super

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