Wer analog fotografieren möchte, kommt sehr schnell zu einer wichtigen Frage: Will ich meine Filme selbst entwickeln oder lieber entwickeln lassen? Für mich selbst stellte sich diese Frage nicht wirklich. Einerseits gehört das für mich zum Prozess dazu, auf der anderen Seite möchte ich nicht wochenlang warten, bis ich meine Fotos sehe.
Prinzipiell ist es weder kompliziert noch aufwendig, Filme selbst zu entwickeln. Schwarz-Weiß oder Farbe? Das ist eine nicht ganz so unwesentliche Frage. Der C41-Prozess … so die genaue Bezeichnung des Prozesses zur Farbfilmentwicklung … ist zwar auch kein Hexenwerk, aber ein wenig komplexer:
- mehr Chemie (zusätzlich zu Entwickler und Fixierer werden noch Bleichbad und Stabilisator benötigt)
- höhere Temperaturen, die auch noch während des Vorgangs hoch gehalten werden müssen
Das Entwickeln von Schwarz-Weiß Filmen ist dagegen ein Kinderspiel.
Was benötigt man zum Entwickeln von Schwarz-Weiß Filmen?
In erster Linie benötigt man drei Chemikalien:
- Entwickler
- Fixierer
- Netzmittel
Daneben werden noch weitere Hilfsmittel für den Prozess benötigt:
- Entwicklertank (es gibt mehrere Hersteller und Größen, sollte einfach zum zu entwickelndem Film passen)
- Messbecher zum Abmessen von Chemikalien und Wasser
- Zwei Laborflaschen für die angesetzten Entwickler- und Fixier-Lösungen
- Thermometer (ich benutze ein Braten-Thermometer, reicht völlig aus)
- Filmklammern (Wäscheklammern würden auch prinzipiell auch gehen)
- Stoppuhr oder geeignete Handy-App
- Destilliertes Wasser
- Schere
Man kann diese Dinge einzeln besorgen oder ein Starter-Set wie beispielsweise dieses hier bei Fotoimpex kaufen. Es enthält fast alles, um einen Film selbst zu entwickeln.
Braucht man eine Dunkelkammer zum Entwickeln?
Es kommt ganz darauf an, was man machen möchte. Will man nur die Filme selbst entwickeln oder auch Abzüge anfertigen? Der einfachste Weg ist natürlich, nur den Film zu entwickeln und die Negative danach zu scannen. Man nennt das auch hybride Fotografie. Verzichtet man auf das Anfertigen von Abzügen, ist keine voll ausgestattete Dunkelkammer notwendig.
Natürlich muss der Film erstmal aus der Patrone in den Entwicklertank ohne dabei weiterem Licht ausgesetzt zu werden. Die einfachste Möglichkeit ist ein Tageslicht-Entwicklertank wie zum Beispiel die LAB-BOX. Dabei wird nur die Filmpatrone eingelegt, das Umspulen erledigt die Box. Man kann natürlich auch einen normalen Entwicklertank nutzen und manuell umspulen, dann jedoch in absoluter Dunkelheit. Das funktioniert mit einem Wechselzelt oder -sack oder aber in einem abgedunkelten Raum.
Ich arbeite in der Regel hybrid und digitalisiere meine Negative mit dem Scanner. Für eine eigene Dunkelkammer fehlt leider der Platz. Zum Umspulen des Filmes lässt sich jedoch das Bad sehr gut abdunkeln. Anfängern empfehle ich übrigens, das Umspulen erstmal bei Tageslicht zu üben. Bei Kleinbildfilmen ist das recht einfach. Ich erinnere mich jedoch gut an meinen ersten Mittelformat-Film. Da ich das vorher nicht geübt habe, brach im dunklen Bad kurzzeitig Panik aus.
Welche Schritte gibt es beim Entwickeln von Schwarz-Weiß Filmen?
Für das Entwickeln von Schwarz-Weiß Filmen sind hauptsächlich zwei Schritte nötig: das Entwickeln und das Fixieren. Im ersten Schritt werden alle belichteten Silbersalze der Foto-Emulsion des Filmes zu Silber reduziert, die verbleibenden Kristalle sind jedoch noch lichtempfindlich. Daher werden im zweiten Schrift, dem Fixieren, alle verbleibenden lichtempfindlichen Kristalle ausgewaschen. Dazwischen muss der Film natürlich gut gespült werden. Im Detail sieht die Reihenfolge dann so aus:
- Film aus der Patrone in den Entwicklertank umspulen
- Entwicklerlösung in den Tank geben
- Nach Auflauf der Entwicklungszeit mit klarem Wasser spülen (ein Stoppbad zum Beenden des Entwicklungsprozesses ist nicht wirklich nötig)
- Fixierlösung in den Tank geben
- Nach fünf Minuten mit klarem Wasser spülen
- Schlusswässerung mit Netzmittelbad
- Film an Filmklammern aufhängen und trocknen
Was muss ich beim Entwickeln und Fixieren beachten?
Der Film ist beim Entwickeln und Fixieren von Lösungen umgeben, mit denen er chemisch reagiert. Dabei wird der Teil der Lösung mit direktem Kontakt zur Fotoemulsion des Filmes „verbraucht“, die Reaktion verlangsamt sich. Daher macht es Sinn, die Lösung hin und wieder neu zu vermischen, damit unverbrauchte Lösung an den Film gelangt. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten.
Die gängigste Lösung ist die Kippentwicklung. Dabei wird der Entwicklungstank (bei mir zu jeder vollen Minute) mehrmals auf den Kopf und wieder zurück gekippt. Eine andere Variante ist die Rotationsentwicklung. Hier wird der Entwicklungstank liegend auf Rollen gelagert und durch einen Motor oder manuell fortlaufend gedreht. Eigentlich eine schöne Lösung, die auch weniger Chemie benötigt. Und natürlich gibt es noch die Standentwicklung, bei der gar nichts bewegt wird. Ich würde diese Methode jedoch nicht empfehlen, was nicht nur mit der längeren Entwicklungszeit zu tun hat. Es kann viel zu leicht vorkommen, das sich zwischen den Wicklungen des Filmes auf der Spule Luftblasen festsetzen. Bei der Kipp- und Rotationsentwicklung können sich diese nicht lange festsetzen, bei der Standentwicklung aber schon. Daher ist das nicht meine bevorzugte Methode.
Ich benutze bislang die Kippentwicklung, habe mir aber vor Kurzem doch mal einen Prozessor bestellt, um die Rotationsentwicklung mal auszuprobieren. Ich bin schon gespannt, was dabei herauskommt. Man muss nur beachten, dass nicht jeder Entwickler für Rotationsentwicklung geeignet ist. Allerdings möchte ich ohnehin mit dem 510 Pyro experimentieren, der für Rotationsentwicklung sehr gut geeignet ist. Ich werde berichten!
Welche Entwicklungszeit muss ich wählen?
Die richtige Zeit für das Entwickeln eines Filmes hängt von sehr vielen Faktoren ab. Das fängt beim Film selbst an und geht über die Art der Entwicklung (bspw. Rotations- oder Kippentwicklung) bis hin zur Temperatur. All diese Faktoren müssen stimmen, um ein gutes Ergebnis zu bekommen. In der Regel enthält der Beipackzettel zum Film eine Tabelle mit empfohlenen Entwicklungszeiten. Allerdings sind dort nur ausgewählte Chemikalien enthalten … mit einem anderen Entwickler können die Zeiten ganz andere sein. Was kann man also tun?
Mit der Zeit entwickelt man häufig aus dem Bauch heraus und weicht mitunter absichtlich von der empfohlenen Zeit ab, um das Ergebnis zu beeinflussen. Für Anfänger oder bei der Verwendung eines neuen Films oder Entwicklers ist diese Methode jedoch riskant. Ein großartiges Hilfsmittel ist Massive Dev Chart. Diese Datenbank ist meines Wissens nach die umfangreichste ihrer Art. Einfach Film und Entwickler auswählen … schon werden die empfohlenen Zeiten angezeigt.
Zum Glück gibt es das auch als App für iOS und Android. Sie spuckt nicht nur die passenden Daten aus, sondern enthält auch einen Timer, in dem man die Zwischenschritte anpassen kann. Da die App nicht kostenlos ist, empfehle ich vor der Nutzung erstmal auf der Website die verfügbaren Filme zu überprüfen. Der Kodak Porta ist beispielsweise nicht enthalten. Die Datenbank wird jedoch laufend aktualisiert. Ich habe dort noch nie einen Film oder Entwickler vermisst und bin mit dieser App daher total zufrieden.
Wie bekomme ich einen Film trocken?
Nicht ist schlimmer, als sich auf „dem letzten Meter“ noch den fertig entwickelten Film entweder durch festsitzenden Staub, Kratzer oder Wasserflecken zu versauen. Das kann aber durchaus passieren, wenn man den fertigen Film aus dem Entwicklertank nimmt. Die Emulsionsschicht auf dem Film ist noch nicht ausgehärtet und daher sehr empfindlich. Während das Entwickeln und Fixieren relativ simpel sind, ist jetzt Fingerspitzengefühl gefragt.
Um hässliche Wasserflecken zu vermeiden, ist ein Schlussbad mit destilliertem Wasser und etwas Netzmittel sehr sinnvoll. Das Netzmittel hat dabei in etwa den gleichen Effekt wie Spülmittel … das Wasser kann leichter vom Film ablaufen. Den Film kann man dann an einem möglichst staubfreien Ort mit Filmklammern zum Trocknen aufhängen. Dazu empfiehlt sich häufig das Bad, der in der Regel staubärmste Raum in der Wohnung. Doch wie bekommt man die verbleibenden Wassertropfen vom Film?
Dazu gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten, von denen ich auch erstmal einige ausprobieren musste. Ein prinzipiell guter Weg Ist die Salatschleuder. Einfach die Filmspule in die Schleuder stellen und fleißig drehen. Ich habe das lange gemacht, bis meine alte Salatschleuder den Geist aufgab. Bei der neuen musste ich feststellen, dass sich nach dem Schleudern feiner Kunststoffabrieb auf dem Film befand. Das geht gar nicht, daher habe ich darauf wieder verzichtet. Diese Lösung entfernt ohnehin nicht das ganze Wasser, daher ist immer etwas manuelle Nacharbeit nötig.
Wenn es nach dem Handel geht, sind Filmabstreifer genau dafür gedacht. Es gibt hierbei unterschiedliche Modelle. Ich hatte zuerst einen Kaiser Filmabstreifer, bei dem drei Paare direkt gegenüberliegender und recht harter Gummilippen Wasserreste vom Film entfernen sollen. Ich habe den genau einmal benutzt. Man fühlt direkt dabei, wie der Film leidet. Nicht nur Kratzer sind auf diesem Weg möglich, sondern es besteht auch die Gefahr, die noch recht weiche Filmemulsion zu verwischen. Das ist zwar ein spannender Effekt, den man jedoch nicht immer haben möchte.
Ich bin später noch auf einen Filmabstreifer von Paterson gestoßen, der mir besser gefiel. Die Lippen sitzen da nicht direkt gegenüber, der Druck auf den Film ist daher geringer. Allerdings sind die Gummilippen recht weich und waren schnell beschädigt. Das Teil hat nicht lange gehalten. Mit Filmabstreifern hatte ich einfach kein Glück! Eine oft erwähnte Lösung ist das Abstreifen mit den Fingern, wobei der Film zwischen Zeige- und Mittelfinger durchgezogen wird. Das hat bei mir in der Regel gut funktioniert, allerdings kamen hin und wieder trotzdem Wasserflecken oder verwischte Filme vor.
Dann fand ich im Netz Meinungen zur Verwendung von Haushaltspapier. Ich war zwar erstmal skeptisch, habe es dann aber mal ausprobiert. Für mich nach aktuellem Stand die beste Möglichkeit, das restliche Wasser nach dem Entwickeln vom Film zu bekommen. Das Haushaltspapier aber bitte niemals direkt auf den Film drücken, sondern nur links und rechts vom Film anfassen. Danach lasse ich ihn in der Regel noch vier Stunden trocknen … fertig!
Kann man Fotochemie mehrmals verwenden?
Entwicklerlösungen sind in der Regel nur zur einmaligen Verwendung gedacht. Natürlich kann man mit den Resten noch etwas herumspielen, muss dann aber längere Entwicklungszeiten in Kauf nehmen. Fixierlösung ist jedoch mehrmals verwendbar. Ob eine vor längerer Zeit angesetzte Lösung noch gut ist, lässt sich recht einfach testen. Der erste Teil des Filmes wird in der Regel vor dem Umspulen ohnehin abgeschnitten. Einfach diesen kleinen Schnipsel in die Fixierlösung halten. Sollte der Film nach etwas einer halben Minute transparent sein, kann die Lösung noch verwendet werden.
Was tun mit alten Chemikalien?
Die für das Entwickeln verwendeten Chemikalien sind nicht besonders umweltfreundlich, daher sollten sie nach Möglichkeit nicht ins Abwasser entsorgt werden. Da betrifft vor allem die Fixierlösung. Ich sammle meine verbrauchten Chemikalien in leeren Flaschen für destilliertes Wasser und bringe sie hin und wieder zum Betriebshof als Sondermüll.
Filme selbst entwickeln: mein Fazit
Ich kann jedem nur empfehlen, Schwarz-Weiß Filme selbst zu entwickeln. Der Aufwand hält sich absolut in Grenzen. Dafür sind die Vorteile in meinen Augen riesig: man muss nicht lange auf den entwickelten Film warten und kann diesen wichtigen Schritt selbst erledigen. Wichtig ist nur Sorgfalt und die relativ genaue Einhaltung der notwendigen Schritte. Ich möchte es nicht mehr vermissen, meine Filme selbst zu entwickeln. Es gehört einfach zum Prozess und zum Handwerk der analogen Fotografie dazu.
Frank Vogler (Autor)
Vor ein paar Jahren habe ich die analoge Fotografie in Schwarz-Weiß für mich entdeckt und mich dabei neu in Fotografie verliebt. Ich würde mich freuen, andere zu unterstützen und vielleicht auch etwas zu inspirieren. Mehr lesen …